Teilautonomie
Neue Vorsorgelösung ab 2019

I Aktuelles

Der Strategiewechsel der PK Merlion zur Teilautonomie ab 1. Januar 2019 bedeutet im Resultat die Übernahme des Risikos «Alter» sowie die Formulierung einer adäquaten, erfolgreichen Anlagestrategie.
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Interview mit Oskar Zimmermann, Vizepräsident bei der PK Merlion

 

Kurz, aber heftig war der Wirbel gewesen, als die AXA im Frühjahr 2018 den Rückzug aus dem Vollversicherungsgeschäft in der beruflichen Vorsorge bekannt gab. Der Stiftungsrat der PK Merlion hat auf die neue Situation umgehend reagiert und nach gewissenhaftem Abwägen aller Vor- und Nachteile sich zugunsten der angeschlossenen Unternehmen und damit zugunsten aller Versicherten für eine strategische Neupositionierung entschieden. Die PK Merlion wird neu ab 2019 das teilautonome Vorsorgemodell anbieten und die damit verbundenen Chancen für die Versicherten aktiv wahrnehmen.

 

Dass die Rahmenbedingungen für das Schweizer Vorsorgegeschäft in einem jahrelangen Tiefzinsumfeld bei hoher gesetzlicher Regulierungsdichte komplex und anspruchsvoll geworden sind, ist mittlerweile jedem Versicherten bekannt. Der abrupte Zinsverfall mit negativen Renditen auf der einen und die stets steigende Lebenserwartung auf der anderen Seite erschweren zunehmend die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben im Schweizer Vorsorgegeschäft. Diese Aussage bezieht sich insbesondere auf die obligatorischen Umwandlungssätze für eine Rente. Die überhöhten Umwandlungssätze für den obligatorischen Teil einer Rente sind weit weg von der aktuell erzielbaren Marktrendite auf den internationalen Kapitalmärkten, sodass sich die AXA als erste von den grossen Versicherungsgesellschaften vom Angebot des Vollversicherungsmodells verabschiedet hat. Der Strategiewechsel bzw. die Verabschiedung vom Vollversicherungsmodell eröffnete für den Stiftungsrat der PK Merlion plötzlich die Option, eine teilautonome Lösung für alle angeschlossenen Unternehmen substanziell zu prüfen. Nach intensiver Prüfung und Abwägung aller Vor- und Nachteile einer teilautonomen Lösung kam der Stiftungsrat zum einstimmigen Entscheid, dass im aktuellen Umfeld mit den zum Teil negativen Anlagerenditen und den engen Anlagerichtlinien die teilautonome Lösung enorme Chancen und damit Vorteile für die Versicherten bereithält. Neu wird der Stiftungsrat ab 2019 die Geschicke der Vermögensverwaltung aktiv an die Hand nehmen: «Wir bestimmen nun die Anlagestrategie selbst, sind freier bei den einzelnen Anlageklassen und können auf langfristige Sicht unter dem Strich mehr Rendite erzielen.» Wer das sagt, ist Oskar Zimmermann, Personalchef der Arthur Weber Gruppe mit Hauptsitz in Seewen-Schwyz sowie Vizepräsident und Arbeitnehmervertreter im Stiftungsrat der PK Merlion.

Herr Zimmermann, für das allgemeine Verständnis: Was bedeutet der Wechsel von der Vollversicherung zur Teilautonomie genau?

Es gibt dem Bundesgesetze nach drei Vorsorgemodelle. Bei der Vollversicherung erbringt der Versicherer für eine Stiftung wie die PK Merlion die volle Leistung und deckt demzufolge sämtliche Risiken des Vorsorgegeschäfts ab. Alter (Rente), Invalidität und Todesfall sind in diesem Vollversicherungsmodell abgedeckt. Eine Unterdeckung der Stiftung selbst ist in dieser Konstellation ausgeschlossen, da der Versicherer jederzeit die gesetzlichen Vorgaben für die Vorsorgerisiken garantiert. Kurzum: Der Versicherungspartner trägt alle Risiken des Vorsorgegeschäfts und die jeweilige Stiftung ist der Partner für die angeschlossenen Unternehmen. Beim teilautonomen Modell übernimmt die jeweilige Pensionskasse das Vorsorgerisiko «Alter/Rente», das «Invaliditäts- und Todesfallrisiko» verbleibt bei der Versicherung. Bei der dritten Variante und damit bei einer autonomen Stiftung sind sämtliche drei Risiken der Vorsorge bei der Pensionskasse vereint; eine Versicherungsgesellschaft als Partner in der Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge ist deshalb nicht mehr vonnöten. Diese hohe Risikolast schlägt bei den autonomen Stiftungen spürbar bei der Organisation, beim Personal und damit beim Kostenblock zu buche. – Für uns in der PK Merlion gilt ab 1. Januar 2019 die teilautonome Lösung und damit sind wir inskünftig für das Risiko «Alter/Rente» verantwortlich und entsprechend werden wir eine adäquate Anlagestrategie zu formulieren haben.

«Wir bestimmen nun die Anlagestrategie selbst, sind freier bei den einzelnen Anlageklassen und können auf langfristige Sicht unter dem Strich mehr Rendite erzielen.»

 

Die PK Merlion muss also ab 1. Januar 2019 das gesamte Vermögen aller Versicherten verwalten und eine zielführende Anlagestrategie definieren: Ein Dürfen und Müssen zugleich? Hat Sie persönlich der Rückzug der AXA aus dem Vollversicherungsgeschäft überrascht?

Dass etwas geschehen musste, war uns vom Stiftungsrat seit längerem schon klar. Der frühe Zeitpunkt und die Radikalität des AXA-Strategiewechsels waren für uns aber nicht unbedingt in dieser Dimension absehbar. Wir haben aber im Stiftungsrat den Strategiewechsel der AXA zeitnah angenommen, im Stiftungsrat strategisch die Situation analysiert und das vorliegende Resultat einer teilautonomen Stiftung proaktiv erarbeitet: Die PK Merlion steht auch mit dem teilautonomen Vorsorgemodell langfristig zur AXA als Versicherungspartner, denn unter dem Strich ist eine jahrzehntelange, erfolgreiche Partnerschaft gegeben. Wir hätten selbstverständlich zu anderen Versicherungsgesellschaften wechseln können, die weiterhin eine Vollversicherung offerieren. Die entsprechenden Anfragen anderer Versicherungsgesellschaften kamen nach dem Bekanntwerden des Strategiewechsels dann auch rasch. Aber wir vom Stiftungsrat halten das Vollversicherungsmodell angesichts der erwähnten steigenden Lebenserwartung und der hohen gesetzlichen Regulierungsdichte mittelfristig nicht mehr für zeitgemäss resp. für aufrechthaltbar! Mit einem Wechsel des Versicherungspartners unter Beibehaltung des Vollversicherungsmodells hätten wir wohl in absehbarer Zeit, in dieser Frage war sich der Stiftungsrat einig, die Grundproblematik, welche sich eben aus dem Vollversicherungsmodell ergibt, erneut angehen müssen. Gleichzeitig hätten wir dann aber ohne wichtigen Grund das bewährte Vertrauen in die AXA aufgegeben. Ich erinnere an dieser Stelle gerne an die erfolgreiche Fusion der zwei Vorsorgestiftungen ZEEV und Verom, welche im Resultat die PK Merlion im Jahre 2014 ergab. Hier hat uns AXA als langfristiger Partner vorbildlich und professionell unterstützt. Dies gilt übrigens auch für den aktuellen Wechsel hin zu einer teilautonomen Stiftung, der letztlich unter hohem Zeitdruck zu erfolgen hatte.

Was hat der Stiftungsrat konkret gemacht?

Wir hätten bis Ende 2020 mit der AXA als Partner das Vollversicherungsmodell aufrechterhalten können. Das hätte aber bei den Wertschwankungs- und Zinsreserven Vermögensverluste in zweistelliger Millionenhöhe bedeutet. Diese absehbaren und substanziellen Verluste bei den Reserven wollte der Stiftungsrat in keinem Falle hinnehmen, zumal dies den Versicherten schwerlich zu erklären gewesen wäre. Deshalb haben wir uns nach einer klaren Situationsanalyse im Stiftungsrat für die zeitnahe Umsetzung des teilautonomen Versicherungsmodells entschieden. Aktiv einen dreiköpfigen Anlageausschuss innerhalb des Stiftungsrates gebildet und umgehend bei der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich angeklopft. Im professionellen Dialog mit der kantonalen Stiftungsaufsicht konnte nochmals der vom Stiftungsrat beschlossene Strategiewechsel analysiert und beurteilt, resp. kommuniziert werden. – Das Fazit lässt sich sehen: Unser zeitnahes wie entschlossenes Vorgehen im Stiftungsrat überraschte die AXA gleichermassen wie die Stiftungsaufsicht und wurde mit zielführender Unterstützung und ehrlicher Anerkennung von allen Seiten belohnt.

«Um die Reserven in zweistelliger Millionenhöhe im vollen Umfang für die PK Merlion sicherzustellen, musste der Wechsel in die Teilautonomie zwingend auf den 1. Januar 2019 vollzogen werden!»

 

Die proaktive Gestaltungskraft des Stiftungsrates wurde also belohnt …

In gewissem Sinne definitiv ja. Vor allem wollten wir aber angesichts der neuen Vorsorgesituation für unsere Versicherten das Beste für heute und morgen herausholen. Es galt aktiv, den Veränderungsprozess einzuleiten und die neue Situation im Rahmen einer teilautonomen Stiftung zu gestalten. Diese Chancen haben wir heute rückblickend aktiv für die Versicherten gewahrt und umgesetzt.

Was ändert sich für die Versicherten?

Für die Versicherten ändert sich aus operativer Sicht wenig bis gar nichts, denn die Informationspolitik bleibt unverändert, und die Website ist weiterhin der wichtigste Informationskanal. Die Aktivversicherten können bei guten Anlageergebnissen neu noch besser am Erfolg partizipieren, und eine Quersubventionierung von den Aktivversicherten hin zu den Rentnern kann praktisch unterbunden oder minimiert werden. Die grosse Zuversicht des Stiftungsrates auch mit einem teilautonomen Versicherungsmodell erfolgreich zu sein, kommt aktuell augenscheinlich in der angekündigten Höherverzinsung von 1,25% auf den gesamten Altersguthaben der Versicherten zum Ausdruck. Die PK Merlion wird darüber hinaus per 1. Januar 2019 über keinen Rentnerbestand verfügen, denn die bisherigen Rentner verbleiben aus der Risikooptik vertragsgemäss bei der AXA, d. h. die PK Merlion wird hier als professionelle Durchführungsstelle bei den monatlichen Rentenzahlungen agieren und keine Finanzierungsrisiken haben. Diese Ausgangslange betrachtet der Stiftungsrat in Verbindung mit den hohen Wertschwankungs- und Zinsreserven als eine grosse Chance für alle angeschlossenen Unternehmen.

Neben dem finanzwirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld sind auch aus der Politik weiterhin anspruchsvolle Vorgaben zu erwarten.

Ja, das ist absolut richtig! Es gibt im Schweizer Vorsorgesystem kaum Handlungsspielräume: Der garantierte, aber viel zu hohe Umwandlungssatz von 6,8% auf dem obligatorischen Teil der Altersguthaben ist scheinbar politisch unantastbar. Wir stecken aktuell in einem fast nicht-lösbaren Dilemma und müssen unser Vorsorgesystem mit Augenmass und Zukunftsblick in die Zukunft transferieren. Nicht veränderbare Rahmenbedingungen in der Wirtschaft und Gesellschaft wie Tiefzinsumfeld oder demografischer Wandel sind in ihrer ganzen Tragweite im Schweizer Vorsorgesystem mitzuberücksichtigen. Kosmetische Korrekturen oder punktuelle Eingriffe sind meines Erachtens angesichts der Herausforderungen im Vorsorgebereich völlig ungenügend. Wir vom Stiftungsrat der PK Merlion, und dafür stehe ich als Vizepräsident gerne ein, werden mit zukunftsgerichteter Gestaltungskraft die Interessen der Versicherten ins Zentrum stellen und trotz hoher gesetzlicher Regulierungsdichte aktiv Mehrwerte für alle schaffen. An dieser Stelle ist es mir ein grosses Anliegen, den Versicherten der PK Merlion für das bisherige Vertrauen aufrichtig zu danken. Dieser Dank soll angesichts der respektvollen wie zielführenden Zusammenarbeit im Stiftungsrat auch für meine Kollegen im Führungsgremium gelten. In diesem Sinne darf ich hier als Vizepräsident versichern, dass wir weiterhin mit voller Energie und grossem Engagement Mehrwerte für die Versicherten schaffen werden. Kurzum: Wir vom Stiftungsrat bleiben aktiv dran!